Der Cloud-Exit - ein gefühltes oder echtes Phänomen?
In einem aktuellen Artikel von CIO.de wird erörtert, warum viele Unternehmen derzeit ihre Cloud-Strategie überdenken und anpassen. Der Artikel hebt hervor, dass Flexibilität, Sicherheit und Kostenoptimierung die Haupttreiber für eine Neuausrichtung der Cloud-Strategien sind. Unternehmen stehen vor der Herausforderung, eine Balance zwischen On-Premises-Lösungen und Cloud-Diensten zu finden, um den unterschiedlichen Bedürfnissen im jeweiligen Unternehmen gerecht zu werden. Dabei spielen hybride Modelle eine immer größere Rolle, da sie die Vorteile beider Welten kombinieren. In diesem Blogbeitrag möchte ich zu dem Artikel von CIO ein paar Ergänzungen machen und noch etwas stärker differenzieren.
Was sind die Gründe für den so genannten „Cloud-Exit“ und ist es wirklich einer?
Im Artikel wird festgestellt, dass immer mehr Unternehmen ihren “Cloud first”-Ansatz überdenken und sich teilweise sogar komplett aus der Cloud zurückziehen. Grund dafür: Die Erwartungen hinsichtlich Kostenreduzierung, die in eine Cloud Migration oder “Cloud-first” Strategie gesetzt werden, werden enttäuscht. Letztlich können in manchen Fällen sogar große Kosteneinsparungen durch einem Rückzug aus der Cloud realisiert werden.
Meine dringende Empfehlung in Beratungsprojekten bei Kunden ist:
- Erst ein Assessment der Infrastruktur und Anwendungen durchführen, bevor eine Entscheidung getroffen wird, ob die jeweiligen Anwendungen in der Cloud oder On-Prem platziert werden. Dabei auch betrachten, mit welchen anderen Anwendungen ein starker Datenaustausch stattfindet, denn Outgoing Traffic kostet bei den Cloud Providern Geld. Daher sollten diese Anwendungen zu Verbünden zusammengefasst und auf der gleichen Plattform betrieben werden.
- Fast alle Unternehmen landen letztlich in einem hybriden Szenario, d.h. es werden sowohl eigenen Rechenzentren bzw. Hosting und Cloud Services genutzt. Und fast immer gibt es für die Platzierung von Anwendungen im einen oder anderen Modell gute Gründe.
- Nach der Migration ist vor der Optimierung: Wer migriert und danach nichts mehr optimiert, zahlt auf Dauer mehr. Optimierung heißt, Verfahren zur kontinuierlichen Kontrolle und Anpassung der Cloud-Ressourcennutzung zu etablieren. Es bedeutet ebenso, zu prüfen, ob Cloud-native Services – z.B. Cloud-native Datenbanken - verwendet werden können.
Werden diese Maßnahmen nicht durchgeführt, dann ist die genannte Enttäuschung vorprogrammiert und die Kosten entsprechen nicht den Erwartungen.
“Altlasten” richtig nutzen
Im CIO-Artikel wird als häufigster Grund für die Rückführung von einzelnen Anwendungen nach On-Premises vermutet, dass es sich um „nicht gerade moderne Unternehmens-Workloads“ handelt.
Darauf gibt es zwei mögliche Antworten:
- Man kann ganz bewusst Altanwendungen in die Cloud verschieben und dort nach End-of-Life “sterben” lassen. Dies hat zwei Vorteile: Erstens sind die Betriebsaufwände geringer und mit sinkender Nutzung werden immer weniger Ressourcen benötigt. Zweitens können, im Falle dass ältere Windows-Server zugrunde liegen, Lizenzkosten gespart werden. Ersetzt wird die Altanwendung durch eine Anwendung mit moderner Architektur, einer SaaS-Lösung oder einer Neuentwicklung mit cloud-nativen Technologien. Damit können die Vorteile der Cloud optimal ausgeschöpft werden.
- Sollen die Altanwendungen nicht abgelöst werden, muss evaluiert werden, welche Möglichkeiten der Modernisierung bestehen. Dies kann z.B. eine teilweise Neuentwicklung sein oder die Verwendung ergänzender cloud-nativer Services.
Ist keine dieser Antworten eine Option, ist der Verbleib On-Premises eine sinnvolle Lösung. Private Clouds verschiedener Hersteller oder lokale Clouds, z.B. Azure HCI oder AWS Outpost, sollten ebenfalls als Alternative geprüft werden, bieten sie doch – reduzierte - Cloud-Funktionen im eigenen Rechenzentrum. Dies hat darüber hinaus den Vorteil, die Daten im eigenen Haus behalten und gleichzeitig ein mit der Public Cloud einheitliches Management nutzen zu können.
Wie nutzen Unternehmen KI Services?
Der Bedarf an Machine-Learning bzw. KI-Services in Unternehmen wächst und erreicht aktuell geradezu einen Hype. Im Artikel wird als Beispiel Ford Motor Co. genannt, die einen eigenen HPC Cluster zur Verfügung hat. Doch die Option, solche Architekturen bzw. Machine-Learning-Modelle Inhouse aufzubauen, haben meist nur große Unternehmen. Kleinere Unternehmen suchen sich bei den großen Cloud Providern passende Modelle aus und entwickeln darauf ihre Applikationen. Dies ist schneller und effizienter. Ein Auge muss man hier jedoch auf all diejenigen Bereiche haben, in denen Unternehmensdaten verarbeitet werden. Auch hier gibt es verschiedene Lösungen, vertrauliche Daten nicht zu exponieren. Richtig ist, dass die selektive Nutzung von Public Cloud Services nicht eine umfassende Migration in die Cloud erfordert.
Der differenzierte Ansatz - wie kommt man zu einem hybriden Modell?
Eine reine Public-Cloud-Strategie ist in den seltensten Fällen die Lösung der Wahl. In der Regel nutzen Unternehmen sowohl gehostete Infrastruktur, im eigenen Rechenzentren oder bei einem Hosting-Partner, und verbinden diese mit Cloud Landing Zones bei Public Cloud Providern. Bei der Planung und Umsetzung dieser hybriden Modelle müssen jedoch viele Faktoren berücksichtigt werden und Unternehmen holen sich häufig bei Architektur und Aufbau externe Unterstützung. Ein hybrides Modell sollte immer unter anderem folgende Fragen beantworten:
- Wie wird der Public Cloud Provider sinnvoll an das Unternehmens-WAN angebunden?
- Wie wird die übergreifende Security der hybriden Architektur sichergestellt?
- Wie wird die Betriebsorganisation an das hybride Modell angepasst?
Schlussfolgerung: Kontinuität ist gefragt
Es lässt sich feststellen: Der Trend „Cloud-Exit“ ist oftmals gar kein wirklicher Exit, weil die Unternehmen noch gar nicht richtig in der Cloud-Technologie angekommen waren. Generell gilt, genau zu evaluieren, in welcher Umgebung Anwendungen am effizientesten und kostengünstigsten betrieben werden. Genauso wichtig ist aber auch, die IT-Organisation und Fachbereiche auf die Nutzung der Cloud-Services auszurichten und die genutzten Cloud-Services fortlaufend zu optimieren. Die Anpassung der Cloud-Strategie ist kein einmaliger Prozess, sondern ein kontinuierlicher Weg. IT-Verantwortliche sollten sich regelmäßig die Zeit nehmen, ihre Strategien zu überprüfen und sicherzustellen, dass sie den aktuellen und zukünftigen Anforderungen gerecht werden. Gut ist, dass inzwischen geplanter und strategischer an die Frage des optimalen Einsatzes von Public Cloud Services herangegangen wird. Um die möglichen Optionen für das Unternehmen ausloten zu können, bedarf es jedoch weiterhin einer guten Beratung und Unterstützung, um nicht einen möglicherweise teuren Ausflug in die Cloud zu machen und Fehler aufwändig korrigieren zu müssen.
Wir würden gerne Ihre Gedanken zu diesem Thema hören! Haben Sie bereits Anpassungen in Ihrer Cloud-Strategie vorgenommen? Welche Herausforderungen und Chancen sehen Sie? Teilen Sie Ihre Erfahrungen oder kontaktieren Sie uns direkt, um weiterführende Gespräche zu führen.
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Thomas Strigel
Leiter Geschäftsfeldentwicklung Managed Solutions und Consulting
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Thomas ist ein Allrounder zu den Themen Managed Services und Cloud Solutions. Für Ihre Fragen und Anregungen hat er immer ein offenes Ohr.